Rekrutierung neu erfinden
In unserer neuen Rubrik „Rekrutierung neu erfinden“ widmen wir uns regelmäßig verschiedenen Aspekten dieses Themas. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass unsere Wirtschaft unter einer Verknappung an Talenten leidet. Ist dies eher ein Problem oder eine Chance? Wir konzentrieren uns auf die Chancen, müssen jedoch auch die Probleme analysieren, um passgerechte Lösungen vorschlagen zu können.
Unser Thema heute:
Das Dilemma Talentverknappung – eine Ist-Analyse
Sehen wir uns einfach einmal eine Meldung aus dem Monat Juni 2018 an:
Juni 2018, Handelsblatt: „Die Fachkräftelücke bei Spezialisten aus den Feldern Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) hat ein neues Rekordhoch erreicht: Im Mai fehlten nach den Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bundesweit 324.800 MINT-Fachleute. Dabei geht es vor allem um Nicht-Akademiker: Gesellen sowie Meister und Techniker machen rund zwei Drittel der Fachkr.ftelücke aus. Daneben bräuchte die Wirtschaft auch gut 100.000 Ingenieure zusätzlich.
Alarmstufe rot
Bei Unternehmen müssen solche Nachrichten die höchste Alarmstufe auslösen. Schließlich sind sie dafür verantwortlich, Personallücken rechtzeitig zu erkennen und zu schließen. Das ist nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass es allein in Deutschland 3,6 Millionen Unternehmen gibt, die alle neue Mitarbeiter brauchen und zumeist auch suchen. Mehr als 6.000 Headhunter sind allein in Deutschland unterwegs.
Studien und Statistiken zufolge haben es Großkonzerne leichter, neue Talente für sich zu gewinnen. Einer jüngsten Erhebung des Beratungsunternehmens Universum zufolge sind Deutschlands Autobauer bei den Studierenden nach wie vor beliebt. Und das trotz negativer Schlagzeilen durch Abgas-Skandal und manipulierte Fahrzeuge, die sich offensichtlich weniger auf das Image als Arbeitgeber auswirken, als andere Faktoren.
Experten sind sich darin einig, dass ein Unternehmen vor allem glaubhaft vermitteln muss, dass es künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neben einem attraktiven Gehalt auch interessante Entwicklungsperspektiven bieten kann. Dann ist die Arbeitgebermarke auch in schwierigen Zeiten robust genug, um Gegenwind standzuhalten.
Kleine und mittelständische Unternehmen haben es – zumindest auf dem Papier - sehr viel schwerer, neue Talente für sich zu gewinnen. Noch schwerer wird es, wenn diese dann auch noch weit weg von größeren Metropolen angesiedelt sind.
Den Kopf nicht in den Sand stecken
Trotz aller Schwierigkeiten und Herausforderungen gibt es viele Ideen und Konzepte, wie ein Unternehmen dennoch im Kampf um Talente bestehen kann. In allererster Linie muss sich die „Braut“ natürlich schön machen. Das heißt, „ihr“ Angebote für Talente nach deren tatsächlichen Prioritäten ausrichten.
Oft wird die Knappheit an Talenten als Vorwand benutzt, um im Einstellungsprozess zusätzliche Anstrengung zu vermeiden und nicht kreativ sein zu müssen. Ungeachtet neuester Erkenntnisse und guter Erfahrungen wird Recruiting weiterhin mit althergebrachten Instrumenten und Methoden betrieben. Dabei bedarf es dringend einer Modernisierung und Optimierung der
Herangehensweisen. Sowohl die digitale Technik als auch neue Strategien spielen dabei eine wichtige Rolle.
Kurzum: Es gibt noch viele „ungehobene Schätze“. Denken wir nur daran, ob der Pool an Pendlern, Quereinsteigern, Menschen mit „ungeradem Lebenslauf“, Akademikern mit Migrationshintergrund ausreichend ausgeschöpft ist. All diese Optionen schauen wir uns in weiteren Beiträgen genauer an.
Die Serie wird fortgesetzt!
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Frau Nilgün Aygen ist Geschäftsführerin von ValYouBel und Profiles International in Deutschland und eine der angesehensten Expertinnen auf dem Gebiet des Recruiting. Ihr Buch „Die Besten für den Vertrieb“, aus dem viele der hier präsentierten Erkenntnisse stammen, ist sowohl bei Amazon als auch direkt beim Springerverlag erhältlich.
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